Versorgung mit digitalen Hörgeräten
[Sie müssen registriert oder eingeloggt sein, um das Bild sehen zu können.]Wer nicht hören kann, muss - KÄMPFEN! Eigentlich unfassbar, dass man für Selbstverständliches kämpfen muss. Digitale Hörgeräte sind so eine Selbstverständlichkeit. Wer jemals den Schritt von analogen zu digitalen Hörgeräten selbst erlebt hat, wird diesen Quantensprung in der Entwicklung von Hörgeräten begeistert bestätigen. Dabei geht es nicht um ein größeres Hör-Vergnügen, sondern um erheblich bessere Kommunikation und damit auch berufliche Integration.
So schreibt uns Reymond Dabelstein (er und seine Frau sind schwerhörig):
Ich versuche herauszubekommen, wie die neuen Gesetze für Hörgeschädigte inzwischen aussehen und wer Hörgeräte bezahlen muss. Meine Frau und ich kommen mit "normalen" Kassenhörgeräten nicht klar! Wir brauchen stets die digitalen HG, die immer zuzahlungspflichtig sind. Wir müssen Spießruten laufen, sprich von der Krankenkasse zum AA zum IFD und zur Rentenversicherung bis zur Klage beim Sozialgericht - bis wir dann (hoffentlich!) gewinnen und der RVB bezahlen muss. Aber erstens dauert das alles immer so um die 2 - 4 Jahre und zweitens werden dann schon fast die nächsten neuen HG fällig. Und außerdem, warum müssen wir Hörgeschädigten hinter dem Geld herlaufen? Steht uns das nicht von vornherein zu? Gibt es keine Anlaufstelle, wo alle Hörgeschädigten ihre Belange vortragen können, damit ihnen geholfen wird?
Gute Idee, aber solch eine Anlaufstelle gibt es wohl nicht. Aber morgen ist ein wichtiger Termin in Sachen "digitale Hörgeräte". Das Bundessozialgericht muss entscheiden, ob eine Krankenkasse die Kosten für digitale Hörgeräte in voller Höhe übernehmen muss. Eine wichtige Entscheidung für alle Hörgeschädigten. Es wird spannend!
Termintipp Nr. 43/09 vom 2. Dezember2009
Versorgung mit digitalen HörgerätenViele hörbehinderte Menschen wünschen digitale Hörgeräte, die analogen Hörgeräten überlegen, aber meistens auch teurer sind. Unter welchen Voraussetzungen und in welcher Höhe die Krankenkasse die Kosten für ein digitales Hörgerät zu tragen hat und inwieweit sie ihre Leistungspflicht auf einen die Kosten der Versorgung unter Umständen nicht vollständig abdeckenden Festbetrag begrenzen kann, ist bisher höchstrichterlich nicht abschließend geklärt. Der 3. Senat des Bundessozialgerichts wird sich am 17. Dezember 2009 mit dieser Frage beschäftigen.
Streitig ist die Übernahme der vollen Kosten eines digitalen Hörgerätes anstelle des gewährten Festbetrages durch die beklagte Krankenkasse. Der 1982 geborene Kläger leidet seit Geburt an hochgradiger Schwerhörigkeit und ist inzwischen nahezu ertaubt. Auf seinen Antrag übernahm die beklagte Krankenkasse für die Kosten eines neuen Hörgerätes einen Teilbetrag von 987 Euro entsprechend der damals maßgebenden höchsten Festbetragsgruppe für Hörhilfen. Die Übernahme der weiteren Kosten in Höhe von 3.073 Euro lehnte sie hingegen ab.
Der vom Sozialgericht beauftragte Gutachter ist zu der Einschätzung gekommen, dass ein Gerät zum Festpreis medizinisch nicht ausreichend sei. Bei der hier benötigten Verstärkerleistung seien Rückkopplungseffekte mit Digitalhörgeräten zum Festbetrag nicht ausreichend vermeidbar. Dagegen war der von der Krankenkasse beauftragte Gutachter der Auffassung, dass eine optimale Hörgeräteversorgung zu kostspielig sei. Eine an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit bestehe bei etwa 5 % aller Hörgeräteträger und damit bei etwa 125.000 Personen. Wäre die Festbetragsregelung in allen diesen Fällen unbeachtlich, entstünde ein Kostenaufwand, den der Gesetzgeber gerade habe vermeiden wollen.
Das Sozialgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht das Urteil des Sozialgerichts geändert und die Klage abgewiesen: Die Krankenkasse habe ihre Leistungspflicht zutreffend auf den Festbetrag begrenzt. Dem Kläger sei eine Verständigung beim Einzelgespräch unter direkter Ansprache mit dem bisher gewährten Gerät gut möglich gewesen.
Über die Revision des Klägers wird der 3. Senat des Bundessozialgerichts am 17. Dezember 2009 um 10.15 Uhr (Elisabeth-Selbert-Saal I) entscheiden.
Hinweise zur Rechtslage:
§ 33 Abs 1 Satz 1 SGB VVersicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. …
§ 36 Abs 1 Satz 1 SGB VDer Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmt Hilfsmittel, für die Festbeträge festgesetzt werden.
§ 36 Abs 2 Satz 1 SGB VDer Spitzenverband Bund der Krankenkassen setzt für die Versorgung mit den nach Abs 1 bestimmten Hilfsmitteln einheitliche Festbeträge fest.
§ 36 Abs 3 mit Verweis auf § 35 Abs 5 SGB VDie Festbeträge sind so festzusetzen, dass sie im Allgemeinen eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche sowie in der Qualität gesicherte Versorgung gewährleisten. …
Az.: B 3 KR 20/08 R B. ./. SECURVITA BKK
Bundessozialgericht